Heute erschien das eigentliche Erstlingswerk der Bestseller-Autorin Harper Lee „Gehe hin, stelle einen Wächter“ (Go Set a Watchman) in Deutschland. Mit hohen Erwartungen wird der Nachfolgeroman von Lees 1960 veröffentlichten ersten und einzigen Romans „Wer die Nachtigall stört“ (To Kill a Mockingbird) in den Medien gehandelt. Ob ihr eigentliches Erstlingswerk den Ansprüchen nach ihrem hochgelobten Roman jedoch standhalten kann, wird sich zeigen.
„Wer die Nachtigall stört“ – Harper Lees vermeintliches One-Hit-Wunder
Harper Lee veröffentlichte bisher genau einen Roman – Wer die Nachtigall stört erschien 1960. Ein Jahr später erhielt sie dafür den renommierten Pulitzer-Preis. Das Buch entwickelte sich 40 Millionen verkauften Exemplaren zu einem der meistgelesenen Romanen weltweit. Es wurde in mehr als 40 Sprachen übersetz und 1962 von Robert Mulligan mit Gregory Peck in der Hauptrolle verfilmt.
„Gehe hin, stelle einen Wächter“ löst Hype aus
Nach dem Erscheinen von „Wer die Nachtigall stört“ wurde es still um Harper Lee. Doch momentan steht die Literaturwelt wegen Lee wieder Kopf. Das Manuskript ihres vermeintlich verschollenem Erstlingswerkes wurde im September 2014 zufällig von einer befreundeten Anwältin entdeckt.
Heute erscheint „Gehe hin, stelle einen Wächter“ im DVA-Verlag in Deutschland, nachdem es bereits die letzten Tage einen regelrechten Hype in den USA und in Großbritannien auslöste. Überall sah man Fans der mittlerweile 89-Jährigen auf extra organisierten Release-Partys mit Lesungen und Diskussionsrunden.
20 Jahre nach der „Nachtigall“
In „Gehe hin, stelle einen Wächter“ treffen wir 20 Jahre später die bekannten Charaktere aus „Wer die Nachtigall stört“ wieder. Die inzwischen erwachsene Jean Louise Finch, als Kind von allen Scout genannt, kehrt aus ihrer neuen Wahlheimat New York zurück nach Maycomb, um ihren Vater zu besuchen.
Atticus Finch – der Glanz eines Nationalhelden verblasst
Atticus Finch – der in der Nachtigall zum Nationalhelden wurde, indem er sich als Anwalt für einen zu Unrecht der Vergewaltigung angeklagten Afroamerikaners einsetze – zeigt nur zwei Dekaden später, ein anderes Gesicht.
Jean Louise entdeckt, dass ihr Vater und mit ihm ihr Geliebter regelmäßig Sitzungen des Ku-Klux-Klan besucht und eine tiefe Abscheu gegen die Desegregation hegt und kann so nicht umhin, das Verhältnis zu ihrem Vater infragezustellen. Der Glanz des Helden einer Nation – Atticus Finch – ist über die Zeit verblasst.
Die Kritiker sind sich uneinig bei „Gehe hin, stelle einen Wächter“
Dieser Wandel löst bei einigen Kritikerinnen und Kritikern eher Enttäuschung aus, andere empfinden diese Entwicklung des Titelhelden als spannende und den Zeitgeist der 50er Jahre in den USA widerspiegelnde Idee.
Wie auch immer Lees ebenso autobiografisch durchzogenes Erstlingswerk den Leserinnen und Lesern gefallen wird, eines ist bereits jetzt schon sicher – es wird erneut einen Stammplatz in den Bestseller-Listen finden.